Artur Hermann Walter Blumenthal wurde am 26. Februar 1917 in Hannover als unehelicher Sohn von Jenny Blumenthal geboren.[1] Am 20. März 1917 wurde er in der Gartenkirche Hannover evangelisch getauft.[2]
Artur Blumenthal wurde formal am 01. April 1940 im Alter von 23 Jahren im Alters- und Pflegeheim Langenhagen aufgenommen, als Familienstand ist „ledig“ angegeben.[3] Er gehörte zu den ‚Provinzzöglingen‘, die bereits in der früheren Provinzial-Heil- und Pflegeanstalt in Langenhagen aufgenommen worden und bis zum April 1940 in der Beobachtungsstation untergebracht waren.[4] Vermutlich lag bei Artur Blumenthal eine kognitive Beeinträchtigung vor. Er hat offenbar keinen Beruf erlernt. Die verlangte Vermögenserklärung vor der Deportation hat er nicht selbst unterzeichnet, sondern Clara Abrahamson, die Fürsorgerin der jüdischen Gemeinde.[5] Über Kinder ist nichts bekannt.
Am 28. März 1942 wurde Artur Blumenthal „zur Evakuierung“ in Langenhagen entlassen[6] und am 1. April im Alter von 25 Jahren nach Warschau deportiert. In der Transportliste ist er als „arbeitsfähig“ verzeichnet.[7] In Warschau ist er verschollen und höchstwahrscheinlich dort umgekommen oder in Treblinka oder einem anderen Vernichtungslager ermordet worden.[8]
Arturs Mutter Jenny Blumenthal wurde am 03. Jan 1872 als Tochter des Schneiders Ruben Louis Blumenthal und Mathilde geb. Frank in Mahlerten (Kreis Gronau) geboren.[9] Die Eltern hatten 1864 in Pattensen geheiratet.[10] Jenny Blumenthal arbeitete als Köchin und Wirtschafterin.[11] Ihr Verbleib nach 1919 ist unbekannt.[12]
Jenny Blumenthal hatte zwei ältere Geschwister Hermann, geboren 1866, und Elise, geboren 1868[13].
Artur selbst hatte eine gleichfalls uneheliche ältere Schwester Liese-Lotte Blumenthal, geb. am 18. Aug 1907 in Hannover.[14] Liese-Lotte wurde am 02. Apr 1914 in der Gartenkirche Hannover evangelisch getauft.[15] Sie heiratete 1933 in Hannover den kaufmännischen Angestellten Heinrich Wilhelm Georg Siemer, am selben Tag ließen sich beide ließen in der ev.-luth. Gartenkirche trauen.[16] Liese-Lotte Siemer entkam der NS-Verfolgung und starb 1992 in Hannover.[17]
Eine weitere Schwester Arturs, Dorothea Mathilde Blumenthal, geboren 1906, starb bereits im Alter von acht Wochen.[18]
Arturs Onkel Hermann Blumenthal, der Bruder von Jenny, hatte gemeinsam mit seinem Schwiegersohn Hans Neumann ein Babywarengeschäft am Schwarzen Bären. Nach der Pogromnacht 1938, in der das Babywarengeschäft vollständig zerstört wurde, wurde Hermann Blumenthal im KZ Buchenwald inhaftiert. Nach einem Monat kam er frei, erlag jedoch nach wenigen Tagen am 19. Dezember 1938 den Folgen der Misshandlungen während der Haft.[19]
Arturs Tante Elise Blumenthal heiratet am 7. Februar 1896 den Kaufmann Georg Wilhelm Louis Fritz Illemann. Die Ehe hielt keine neun Jahre und wurde am 27. Dezember 1904 in Dresden geschieden.[20] Elise Illemann ist bei der Eheschließung von Arturs Schwester Liese-Lotte, ihrer Nichte, am 30. September 1933 eine Trauzeugin.[21] Offenbar hat Liese-Lotte vor der Eheschließung bei Elise Illemann gewohnt.[22] Auch im Jahr 1939 wohnt die Tante im selben Haus wie Liese-Lotte.[23] Elise Illemann wurde am 23. Juli 1942 nach Theresienstadt deportiert.[24] Sie überlebte die Shoah und starb 1951 in Langenhagen.[25]
- Geburtenregister (StdA), I Hannover, Jg. 1917, Nr. 559, Artur Hermann Walter Blumenthal, geb. 26. Feb 1917; zum Erstregister erklärtes Zweitregister, noch in Fortführung, dazu auch Sammelakte. Trotz der Schreibweise ohne ‚h’ im Rufnamen wurde er in den weiteren vorliegenden Quellen als „Arthur” geführt. In der Geburtsanzeige war das ursprünglich vorhandene ‚h’ wieder durchgestrichen worden, vermutlich von der Hebamme. ↑
- Kirchenbuch (ev.-lt.), Gartenkirche Hannover, Taufen 1913-1920, Jg. 1917, fol. 175, Nr. 26, Arthur Blumenthal, geb. 26. Feb 1917; Ancestry.com, „Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945”, Datenbank mit Scans, Hannover > Gartenkirche > Taufen 1913-1920, B. 187, https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/61007/images/0185061-00186 (abger. 23.02.2023); urspr. Daten: Mikrofilm-Sammlung, Familysearch.org, Filmnr.: 185061; Originale: Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover. Enthält Vermerk: „die Mutter ist mosaisch”, keine Taufzeugen. ↑
- Alters- und Pflegeheim Langenhagen, Hauptregister, Nr. 1707, Arthur Blumenthal; Stadtarchiv Hannover, StadtA H, 1.NR.5.08 Nr. 20683. Bereits in der Volkszählung 1939 mit dem Stichtag 17. Mai 1939 wurde Artur Blumenthal im Alters- und Pflegeheim erfasst: Ergänzungskarten aus der Volkszählung vom 17.05.1939, Arthur Blumenthal, geb. 26.08.1917; Bundesarchiv, BArch R 1509, Reichssippenamt; zit. nach: Mapping the Lives, https://mappingthelives.org/bio/027662ef-6c76-458f-b510-5fd164f28dd1 (abger. 04.02.2023). Das hier angegebene Geburtsdatum ist offenbar unzutreffend. ↑
- Liste heimpflegebedürftiger Kranker, Schreiben des Oberpräsidenten der Provinz Hannover vom 29. März 1940 an das Wohlfahrtsamt der Hauptstadt Hannover; Stadtarchiv Hannover, 1.HR.30, Nr. 72 Pflegeheim Langenhagen, Band III, fol. 427. ↑
- Hinweis „Beruf: ohne” vom März 1942 in der Akte der Vermögensverwertungsstelle, unterzeichnet „Für Arthur Israel Blumenthal, Clara Sara Abrahamson, Fürsorgerin“. Oberfinanzpräsident in Hannover, Vermögensverwertungsstelle, Akte für Arthur Blumenthal; Niedersächsisches Landesarchiv, Abt. Hannover, NLA HA, Hann. 210, Acc. 2004/023 Nr. 32. ↑
- Alters- und Pflegeheim Langenhagen, Hauptregister, Arthur Blumenthal, a. a. O. ↑
- Staatspolizeileitstelle Hannover, II. Transportliste, 01.04.1942, Hannover nach Warschau, unpaginiert, Nr. 702, Arthur Blumenthal; Niedersächsisches Landesarchiv, Abt. Hannover, NLA HA, Hann. 210, Acc. 160/98 Nr. 17, fol. 73. ↑
- Vgl. Hempel, Dirk: „Von Hannover nach Warschau – Juden-Deportationen ins Ghetto”, NDR Geschichte; https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/Juden-Deportationen-ins-Warschauer-Ghetto,deportationen114.html (abger. 20.03.2023). ↑
- Synagogengemeinde Nordstemmen (Hannover), Geburtslisten 1852–1873, unpaginiert, Eintrag 48, Jenni Blumenthal, geb. 03 Jan 1872; Niedersächsisches Landesarchiv, Abt. Hannover, NLA HA Hann. 74 Gronau Nr. 1671. Selbst nannte sie sich ‚Jenny’, vgl. Geburtsschein von Artur Blumenthal.
Das auf der Einwohnermeldekarte der Stadt Hannover angegebene und mehrfach korrigierte Geburtsdatum 26. Sep 1872 ist offenbar unzutreffend: Stadt Hannover, Einwohnermeldekartei, Karte 633, Jenny Blumenthal; Stadtarchiv Hannover, StadtA H 1.HR.03.2, Selekt Juden. Mahlerten gehört heute zu Nordstemmen, Landkreis Hildesheim. ↑ - Synagogengemeinde Pattensen, Heiratsregister, Jg. 1864, Nr. 2, Louis Blumenthal und Mathilde Frank, geh. 15 Nov 1864; FamilySearch.org, „Evangelische Kirche Pattensen (Kr. Springe): Kirchenbuchduplikat 1853-1874”, Scan von Mikrofilm, Aufnahme 1758 von 3273, IGN 102662970, https://www.familysearch.org/ark:/61903/1:1:QPDS-DJ22, (abger. 25.02.2023). ↑
- Hinweis „Köchin” auf der Einwohnermeldekarte der Stadt Hannover. Stadt Hannover, Einwohnermeldekartei, Karte 633, Jenny Blumenthal; Stadtarchiv Hannover, StadtA H 1.HR.03.2, Selekt Juden.
Berufsangabe „Haushälterin“ in der Geburtsurkunde von Liese-Lotte Blumenthal. Geburtenregister (StdA), I Hannover, Jg. 1907, Nr. 3827, Liese-Lotte Blumenthal, geb. 18. Aug 1907; Stadtarchiv Hannover. ↑ - Letzter Eintrag auf der Einwohnermeldekarte der Stadt Hannover: 21. Aug 1919 nach unbek. Stadt Hannover, Einwohnermeldekartei, Karte 633, Jenny Blumenthal; Stadtarchiv Hannover, StadtA H 1.HR.03.2, Selekt Juden. ↑
- Synagogengemeinde Nordstemmen (Hannover), Geburtslisten 1852-1873, unpaginiert, Eintrag 34, Hermann Blumenthal, geb. 14 Apr 1866 sowie Eintrag 43, Elise Blumenthal, geb. 03 Okt 1868; Niedersächsisches Landesarchiv, Abt. Hannover, NLA HA Hann. 74 Gronau Nr. 1671. ↑
- Geburtenregister (StdA), I Hannover, Jg. 1907, Nr. 3827, Liese-Lotte Blumenthal, geb. 18. Aug 1907; Stadtarchiv Hannover. ↑
- Kirchenbuch (ev.-lt.), Gartenkirche Hannover, Taufen 1913-1920, Jg. 1914, fol. 55, Nr. 73, Liese-Lotte Blumenthal, geb. 18. Aug 1907; Ancestry.com, „Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945”, Datenbank mit Scans, Hannover > Gartenkirche > Taufen 1913-1920, B. 62, https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/61007/images/0185061-00061 (abger. 23.02.2023); urspr. Daten: Mikrofilm-Sammlung, Familysearch.org, Filmnr. 185061; Originale: Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover. Enthält Vermerk: „die Mutter ist mosaisch”. ↑
- Standesamt I Hannover, Eheregister, 1 Hannover, Jg. 1933, Nr. 1934, Heinrich Wilhelm Georg Siemer u. Liese-Lotte Blumenthal, verh. 30. Sep 1933; Stadtarchiv Hannover. Sowie: Kirchenbuch (ev.-lt.), Gartenkirche Hannover, Heiraten 1923-1934, Jg. 1933, fol. 218, Nr. 103, Heinrich Wilhelm Georg Siemer u. Liese-Lotte Blumenthal, verh. 30. Sep 1933; Ancestry.com, „Bremen, Deutschland, und Hannover, Preußen, Deutschland, evangelische Kirchenbücher, 1574-1945”, Datenbank mit Scans, Hannover > Gartenkirche > Heiraten 1923-1934, B. 223, https://www.ancestry.de/imageviewer/collections/61007/images/0185067-00222 (abger. 23.02.2023); ursprüngliche Daten: Mikrofilm-Sammlung, Familysearch.org, Filmnr.: 185067; Originale: Evangelisches Kirchenbuchamt Hannover. ↑
- Standesamt I Hannover, Eheregister, Jg. 1933, Nr. 1934, Heinrich Wilhelm Georg Siemer u. Liese-Lotte Blumenthal, verh. 30. Sep 1933; Stadtarchiv Hannover, Registerbuch. Für den Tod: Standesamt Hannover, Sterberegister, Jg. 1992, Bd. 5, Nr. 2347, Liese-Lotte Siemer geb. Blumenthal, gest. 01 Apr 1992; Stadtarchiv Hannover, Registerbuch. ↑
- Geburtenregister (StdA), II Hannover, Jg. 1906, Nr. 73, Dorothea Mathilde Blumenthal, geb. 17. Jun 1906; Stadtarchiv Hannover; enthält Notiz „gest. 11./8.06”. Für den Tod: Standesamt Wülfel, Sterberegister, Jg. 1906, Nr. 42, Dorothea Mathilde Blumenthal, gest. 11 Aug 1906; Stadtarchiv Hannover, Registerbuch. ↑
- Vgl. Lebensraum Linden, Schicksale jüdischer Geschäftsleute am Schwarzen Bären, Familien Hermann Blumenthal und Hans Neumann, http://www.lebensraum-linden.de/info/poi/familien-hermann-blumenthal-und-hans-neumann-900000052-5201.html (abger. 09.03.2023) ↑
- Standesamt I Hannover, Heiratsregister, Jg. 1896, Bd. 1, Nr. 148, Georg Wilhelm Louis Fritz Illemann u. Elise Blumenthal, geh. 07 Feb 1896; Stadtarchiv Hannover, zum Erstregister erklärtes Zweitregisterbuch. Enthält Folgebeurkundung, nach der die Ehe mit Rechtskraft am 27 Dez 1904 in Dresden geschieden wurde. ↑
- Eheregister StdA 1 Hannover, Jg. 1933, Nr. 1934/1933, Heinrich Wilhelm Georg Siemer u. Liese-Lotte Blumenthal, verh. 30. Sep 1933; Stadtarchiv Hannover. ↑
- Eheregister StdA 1 Hannover, Jg. 1933, Nr. 1934/1933. Tante und Nichte sind mit der Adresse Bleichenstraße 8 in Hannover angegeben. Unter dieser Adresse war auch die Mutter Jenny Blumenthal zeitweise gemeldet. ↑
- Bundesarchiv, Ergänzungskarten aus der Volkszählung vom 17.05.1939 (BArch R 1509, Reichssippenamt), zit. nach: Mapping the Lives, https://mappingthelives.org/bio/120b6f6b-8018-49db-9b0e-b6dd9a2fe41c, Elise Illemann geb. Blumenthal. ↑
- Gestapo-Transportliste, 23.07.1942, Hannover nach Theresienstadt, unpaginiert (Bild 24), Nr. 470, Elise Illemann; Niedersächsisches Landesarchiv, Abt. Hannover, NLA HA, Hann. 210, Acc. 160/98 Nr. 17; zit. nach: Statistik-des-Holocaust.de, http://www.statistik-des-holocaust.de/list_ger_nwd_420723.html (abger. 04.02.2023). ↑
- Stadt Langenhagen, Sterberegister, Jg. 1951, Nr. 115. ↑
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